Bundestag und Finanzausschuss befassen sich aktuell mit einer Änderung des Steuerberatungsgesetzes. Hintergrund ist ein vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission, die die Regelungen zur "Hilfeleistung in Steuersachen" als inkohärent kritisieren.
Nach Druck aus Brüssel durch die Aufnahme des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 18/2171 hat das Bundesfinanzministerium in 2022 erstmals einen Diskussionsentwurf zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vorgelegt. Weder in diesem noch in dem nachfolgenden Referentenentwurf oder dem aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung sind Anpassungen der Befugnisse selbstständiger Finance-Profis geplant. Dabei hat die EU-Kommission zurecht angezweifelt, dass alle Vorbehaltsaufgaben derart komplex seien, dass für sie unbedingt eine Vollqualifikation als Steuerberater*in notwendig sei.
Der BVBC hat sich daher in diversen Stellungnahmen dafür ausgesprochen, nicht nur § 4 StBerG – der die Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen regeln soll – anzupassen, sondern auch § 6 Nr. 4. StBerG, der die „Ausnahmen vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen“ zusammenfasst und nicht in ausreichendem Maß nach der Komplexität der Tätigkeiten und der entsprechenden Qualifikation der ausführenden Personen differenziert.
„Wir stehen in engem Austausch mit allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren“, erklärt BVBC-Geschäftsführer Kenan Häberle. „Wir versenden Positionspapiere, Stellungnahmen, Forderungsschreiben, verschicken unzählige E-Mails, fassen in Anrufen nach, führen Videokonferenzen und sind zu persönlichen Gesprächen im politischen Berlin. Und genau das braucht es jetzt, damit unsere Forderungen nicht hinten runterfallen. Denn mit der Unterstützung durch unsere Mitglieder, die sich an unseren bisherigen Aktionen rege beteiligt haben, haben wir schon einmal ein Ziel erreichen können: Wir konnten uns ordentlich Gehör verschaffen. Und auch das Ziel scheint erreicht: Wir haben Verständnis geschaffen. Die Notwendigkeit umfangreicherer Änderungen scheint anzukommen.“
Mehr möchte Häberle zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen. „Wir haben bei all unserem politischen Engagement auch gelernt, dass Schweigen manchmal hilfreich sein kann. Das schafft Vertrauen bei unseren Gesprächspartner*innen und ist allein aus taktischen Gründen geboten.“ Der Verband berichtet daher nicht über alle stattgefundenen Gespräche.
BITTE WEITERHIN AKTIV BLEIBEN:
Unterstützen Sie die Forderungen des BVBC weiterhin und versenden Sie die neuesten Musterschreiben (Stand: Dezember 2023) an alle Mitglieder des Finanzausschusses!
- Musterschreiben für die SPD, Grüne (Linke)
- Musterschreiben für die FDP
- Musterschreiben für die Union
- Kontaktdaten: Finanzausschuss
- Kontaktdaten: Bundestag
Aktueller Stand
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde erstmals am 12. Oktober 2023 im Bundestag verlesen. Der Finanzausschuss befasste sich indes erstmals inhaltlich umfangreicher am 13. Dezember 2023 im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit den geplanten Änderungen. Zu den geladenen Sachverständigten gehörten:
- b.b.h. Bundesverband selbständiger Buchhalter und Bilanzbuchhalter e. V. (Vorschlag: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Bundesrechtsanwaltskammer (Vorschlag: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Bundessteuerberaterkammer (Vorschlag: CDU/CSU)
- Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e. V. (Vorschlag: SPD)
- Deutsche Steuer-Gewerkschaft e. V. (Vorschlag: CDU/CSU)
- Deutscher Steuerberaterverband e.V. (Vorschlag: FDP)
- Kilian, Prof. Dr. Matthias, Universität zu Köln (Vorschlag: SPD)
- Sendke, Thomas, Universität zu Köln (Vorschlag: FDP)
- ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Vorschlag: SPD) 10. Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover e.V. (Vorschlag: CDU/CSU)
„Auch der BVBC war als Sachverständiger im Gespräch. Den Ausschlag gab letztlich die Mitgliederstärke, weshalb sich die Grünen für den b.b.h. entschieden. Priorität hat die Erreichung unserer Ziele – auf welchem Weg auch immer. Jenseits jeglicher Eitelkeit muss ich jedoch festhalten: Wir hätten den Job besser gemacht. Der b.b.h fokussiert sich allein auf die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung und gibt sich damit mit einem Minimalkonsens zufrieden. Dabei wissen wir, dass unter Umständen deutlich mehr möglich ist“, erklärt Häberle, der bei der Anhörung als Gast live vor Ort war. „Positiv überraschend war hingegen ein Statement seitens ver.di, die sich für eine Öffnung in unserem Sinne ausgesprochen haben.“ Seine Forderungen hat der BVBC erneut in einer unaufgeforderten Stellungnahme adressiert, die allen Mitgliedern des Ausschusses vorher offiziell zugeleitet worden ist. Mehr zu den Inhalten der Anhörung gibt es auf der Webseite des Bundestags.
Am Folgetag traf Häberle Katharina Beck (Grüne/Bündnis 90), stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses und Berichterstatterin hinsichtlich der geplanten Änderungen des StBerG, im Bundestag.
„Die zwei Tage in Berlin haben sich gelohnt. Vieles lässt sich im persönlichen Gespräch deutlich besser transportieren als auf schriftlichem Weg oder am Telefon“, so der Geschäftsführer.Am 17. Januar 2024 berät der Finanzausschuss erneut über den Gesetzentwurf. Der Abschluss ist für den 31. Januar 2024 vorgesehen. Die finale Lesung im Bundestag auf den 2. Februar terminiert.
Frühere Beiträge zum Thema:
- 17.10.2018 – EU-Kommission: Steuerberatungsgesetz nicht mit EU-Recht vereinbar
- 03.03.2020 – Mehr Rechte für selbstständige Bilanzbuchhalter: Finanzministerium signalisiert Gesprächsbereitschaft
- 14.07.2020 – Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission: Änderung des Steuerberatungsgesetzes soll bevorstehen
- 07.10.2020 – Vertragsverletzungsverfahren: BVBC richtet Appell an die EU-Kommission
- 12.02.2021 – Vertragsverletzungsverfahren: BVBC wendet sich mit Partnerverbänden an EU-Kommission
- 12.02.2021 – Vorbehaltsaufgaben am Pranger: Der Steuerberater und sein verzweifeltes Ringen um Macht
- 18.08.2022 – Vertragsverletzungsverfahren: BMF legt Diskussionsentwurf zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vor
- 02.09.2022 – Änderungsentwurf zu § 4 StBerG: BVBC bezieht Stellung
- 12.10.2022 – Änderung des StBerG: BVMW und ULA unterstützen BVBC-Forderungen
- 01.12.2022 – Änderung des StBerG: EU-Kommission bewertet Kritik des BVBC am Diskussionsentwurf als „sehr hilfreich“
- 16.12.2022 – Aufruf: Schreiben Sie Ihren Bundestagsabgeordneten!
- 04.05.2023 – Mehr Befugnisse: Freiheit first. Bedenken second.
- 15.06.2023 – Referentenentwurf zur Änderung des StBerG: BVBC sendet Stellungnahme ans BMF
- 21.06.2023 – Aufruf: Wenden Sie sich mit neuen Musterschreiben an Ihre Abgeordneten!
- 26.10.2023 – Bundestag berät erstmals über Gesetzentwurf zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes