Nach den Deregulierungsforderungen aus Brüssel (vgl. Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland) bangt die Zunft der Steuerberaterinnen und Steuerberater um ihre Monopolstellung – dies zeigt sich auch in den Wahlprüfsteinen, die die Kammer an die Parteien im Vorfeld der Bundestagswahlen 2021 versendet hat. Die berufsrechtlichen Fragen der BStBK sowie die Antworten von SPD, Grünen, PDF Linken und CDU/CSU hat der BVBC im Folgenden zusammengefasst. Sie finden sie auch hier als Datei von der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe verlinkt. Hier können Sie sich alle Wahlprüfste der BStBK zu aktuellen berufs- und steuerpolitischen Themen durchlesen.
Frage 1: In Deutschland sind Steuerberater unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Steuerakzeptanz und tragen damit zur Sicherung des Steueraufkommens bei. Werden Sie die deutschen Steuerberater gegen die Deregulierungsforderungen der EU-Kommission unterstützen?
SPD: Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich gegenüber der EU-Kommission für die Belange der Steuerberater*innen eingesetzt. Wir werden uns auch weiterhin für eine qualifizierte Beratung und die dafür erforderlichen Regelungen stark machen.
Bündnis 90/Die Grünen: Das deutsche Steuerrecht ist hochkomplex und für Laien teilweise nur schwer zu durchdringen. Somit braucht es fachlich qualifizierte Steuerberater*innen. Bisher wird der Nachweis der ausreichenden Qualifikation durch das Tragen geschützten Berufsbezeichnung leicht erkennbar. Dies wollen wir GRÜNE grundsätzlich bewahren. Allerdings erleben wir eine immer stärkere Internationalisierung und auch Europäisierung des Steuerrechts und der Steuerlandschaft. Vor diesem Hintergrund werden wir sinnvolle Deregulierungsvorschläge nicht von vornherein ausschließen.
FDP: Die Steuerberater*innen als Organ der Steuerrechtspflege haben gerade in den Krisenjahren ihren immens wichtigen Stellenwert für Deutschland noch einmal nachhaltig unterstrichen. Ohne den zeit- und personalaufwendigen Ressourceneinsatz des Berufsstandes, wäre die zielgerichtete Verteilung der Coronahilfen nur schwer möglich gewesen. Wir setzen uns daher auch künftig dafür ein, dass die Steuerberater*innen ihren wichtigen Aufgaben im Interesse sowohl ihrer Mandanten wie auch der Finanzverwaltung gerecht werden können.
Die Linke: Fragen 5 und 6 [von der BStBK als Fragen 1 und 2 nummeriert] beantworten wir wegen des engen Zusammenhangs gemeinsam: Grundsätzlich sieht DIE LINKE den Steuerberatungsmarkt im Spannungsfeld zwischen ausreichender Qualität des Beratungsangebots (Verbraucher-/ Vertrauensschutz) und der Gefahr einer ständischen Monopolisierung. Insoweit ist eine Öffnung des Marktes für Steuerberatungsleistungen eine Gratwanderung, da Qualitätssicherung und Marktöffnung in Widerspruch treten könnten. Einerseits sind die beruflichen Herausforderungen für die auf dem Gebiet der Steuerberatung Tätigen aufgrund der Komplexität und Variabilität der steuerlichen Gesetzgebung außerordentlich hoch. Im Sinne hoher Qualitätsstandards sollte daher das Anforderungsprofil an Steuerberater*innen nicht verwässert werden. Andererseits muss aus unserer Sicht nicht jegliche Hilfe in Steuersachen unbedingt ausschließlich durch Steuerberater*innen erbracht werden. Wir sehen durchaus noch Nachfragepotenziale für ein differenziertes Angebot von Hilfen in Steuersachen und können uns daher eine inhaltlich wie sachlich beschränkte Marktöffnung vorstellen. In diesem Sinne würden wir eine begrenzte Öffnung des Marktes für die geprüften Buchhalter*innen, Steuerfachwirte/Steuerfachwirtinnen und Lohnsteuerhilfevereine begrüßen – unter der Voraussetzung des Nachweises entsprechender Qualifikationen (z. B. Zusatzprüfung).
CDU/CSU: CDU und CSU erkennen den Beitrag an, den die Steuerberater leisten. Daher werden wir uns auch auf EU-Ebene für gute Rahmenbedingungen für die Steuerberater einsetzen.
Frage 2: Die EU-Kommission stellt derzeit die Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater in Frage. Diese dienen dem Schutz der Verbraucher und Unternehmen vor einer Falschberatung sowie der Sicherung einer funktionierenden Steuerrechtspflege. Werden Sie sich für den Erhalt der Vorbehaltsaufgaben einsetzen?
SPD: Wir wollen eine funktionierende Steuerrechtspflege sicherstellen. Dies soll unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Überprüfung durch die EU-Kommission erfolgen. Die Steuerberater*innen sind für eine qualifizierte Beratung unverzichtbar. Dies gilt ebenso für die Lohnsteuerhilfevereine und die Gewerkschaften.
Bündnis 90/Die Grünen: Durch das Tragen der geschützten Berufsbezeichnung „Steuerberater*in" wird eine ausreichende fachliche Qualifikation nachgewiesen, die Ausführung der Vorbehaltsaufgaben berechtigt. Für die Steuerpflichtigen stellen diese Anforderungen somit auch einen gewissen Schutz dar. Deshalb ist der Erhalt der Vorbehaltsaufgaben an vielen Stellen wichtig. Allerdings ist ein Erhalt der Vorbehaltsaufgaben aus unserer Sicht nur da notwendig, wo es um den besonderen Schutz der Mandanten*innen geht. Wo der Schutz der Mandanten*innen im Vergleich zur freien Berufsausübung nicht höher zu gewichten ist, wie bspw. bei der Erstellung von Lohnsteuerbescheinigungen und der Umsatzsteuervoranmeldungen, halten wir GRÜNEN Anpassungen für sinnvoll.
FDP: Die Steuerberater und Steuerberaterinnen in Deutschland haben eine wichtige Aufgabe als Organ der Steuerrechtspflege. Durch ihre umfangreiche Ausbildung gewährleisten sie ein besonders hohes Maß an Beratungsqualität für ihre Mandanten. Ebenso sind Sie für die Finanzverwaltung fachkundige Ansprechpartner in der Kommunikation mit den Mandanten. Diese besondere Zusammenarbeit sollte nicht so einfach gefährdet werden.
Die Linke: Siehe Antwort 5 [hier von der BStBK als Frage 1 dargestellt].
CDU/CSU: CDU und CSU werden sich dafür einsetzen. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass auch die Vorarbeiten zu den Vorbehaltsaufgaben letztlich durch einen Berufsträger geprüft werden und dessen Gepräge bekommen, um die hohe Beratungsqualität deutscher Steuerpflichtiger sicherzustellen.