Am 22. März 2024 hat das Bundesministerium der Justiz seinen Referentenentwurf zur Umsetzung der CSRD in deutsches Recht veröffentlicht. Darin geht es auch darum, wer künftig Nachhaltigkeitsberichte prüfen darf. Nachdem der Arbeitskreis Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) des BVBC sowie das Wissenschaftliche Institut des BVBC (WIB) ein entsprechendes Schreiben vorbereitet hatten, reichte der BVBC am Freitag, den 19.04.2024, folgende Stellungnahme ein:
A. Allgemeine Anmerkungen
Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC)ist an einer zeitgemäßen und berufspraktischen Ausrichtung der Gesetze interessiert. Dabei erstreckt sich die Betrachtung auf die gesamte Wirkungsbreite des Rechnungswesens.
Sein Arbeitskreis Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) befasst sich seit seiner Gründung 2022 unter der Leitung von Professor Dr. Stefan Müller in diverser Zusammensetzung von Personen aus der konkreten Anwendung (Geschäftsführung, Controlling und Rechnungslegung sowie Nachhaltigkeitsmanagement), Beratung, Prüfung sowie Wissenschaft mit allgemeinen und konkreten Fragen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und verwandten Fragestellungen. Es gab bereits diverse Veröffentlichungen über die Sitzungen des Arbeitskreises und abgegebene Stellungnahmen, wie beispielsweise zu den ESRS.
Darüber hinaus ergänzt das Wissenschaftliche Institut des Bundesverbandes der Bilanzbuchhalter und Controller (WIB)die berufliche Praxis und wendet sich mit spezifischen Fragestellungen aus Unternehmen an die Hochschulen und Universitäten, um von dort aus Lösungsansätze im beiderseitigen Interesse zu generieren.
Mit dem vorliegenden Referentenentwurf (RefE) des Bundesministeriums der Justiz zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgt eine grundsätzlich zutreffende Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Allerdings haben wir mehrheitlich eine andere Auffassung zu der Nichtausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts bezüglich der Öffnung des Kreises von zugelassenen Personen für die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts über Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer hinaus.
Wir haben den vorliegenden Referentenentwurf in einem breiten Kreis an Expertinnen und Experten diskutiert und kommen mehrheitlich zu nachfolgendem Ergebnis:
B. Anmerkungen zur Beschränkung der Prüfung auf Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer
§ 324e HGB-E
Die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte sollte nicht als Vorbehaltsaufgabe für Wirtschaftsprüfer oder gar Abschlussprüfer gestaltet, sondern weiter geöffnet werden.
Der BVBC schließt sich damit Mittelstandsinitiativen an, wonach auch eine hohe Fachexpertise der Auditoren erforderlich ist. Wir sprechen uns für die Möglichkeit unterschiedlicher Prüfer aus. Hiervon würden neben den zu prüfenden Unternehmen insbesondere kleine und mittelständische Anbieter von Prüfungsdienstleistungen profitieren. Vorteile bestünden unter anderem darin
- Kapazitätsengpässe zu vermeiden,
- den Prüfungsmarkt zu öffnen und Marktkonzentration zu verhindern sowie
- vorhandene Kompetenzen und Kapazitäten zu nutzen.
Wir empfehlen die Akkreditierung als bevorzugtes Mittel zum Nachweis der fachlichen Prüfungskompetenz anzuwenden.
Auch in der Literatur (Schüttler in DB 2023, S. 1237) wird die Gefahr einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt gesehen: „Es sollte keine neue Vorbehaltsaufgabe kodifiziert werden. Vielmehr sollte der deutsche Gesetzgeber erlauben, dass auch andere Wirtschaftsprüfer und Prüfungsdienstleister die Nachhaltigkeitsberichterstattung prüfen dürfen.“ Die Gefahr einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt sieht auch die EU-Kommission (vgl. (CSRD, ABl. EU v. 16.12.2022, L 322/15, Erwägungsgrund 61): „Darüber hinaus ist es im Zusammenhang mit der Bestätigung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wünschenswert, dass die Unternehmen auf eine größere Auswahl an unabhängigen Erbringern von Bestätigungsleistungen zurückgreifen können.“
Wir sind uns bewusst, dass die Akkreditierungen dem geforderten Qualitätsniveau entsprechen müssen und regen an, hier entsprechende Regelungen (neu) zu verankern.
C. Weitere Anmerkungen
Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, was aber in der CSRD so verankert ist und angesichts der Dringlichkeit der Transformation der Wirtschaft in Richtung der breit verstandenen Nachhaltigkeit auch grundsätzlich nötig ist. Wir regen aber dringend an, die durch europäische Vorgabe neu entstandenen erheblichen Bürokratiekosten an anderer Stelle durch Bürokratieabbau wieder einzusparen – Vorschläge dazu liegen schon länger vor (Sonderbericht der Bundesregierung „Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau in der 20. Legislaturperiode“) und sollten dringend (weiter) angegangen werden.
Unglücklich erscheint uns, dass die Begrifflichkeiten in den Übersetzungen der CSRD und ESRS untereinander sowie teilweise nicht mit dem RefE übereinstimmen. So sprechen die ESRS von Nachhaltigkeitserklärung statt vom Nachhaltigkeitsbericht.
Zu Änderungsanregungen im Einzelnen:
Artikel x2 EGHGB-E
Nach Art. x1 Abs. 1a EGHGB wird als Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts eines im Sinne des Abs. 1 auf Einzelunternehmensebene berichtspflichtigen Unternehmens, „der sich auf ein Geschäftsjahr bezieht, das vor dem 1. Januar 2025 beginnt, wenn der Prüfer des Jahresabschlusses vor dem … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 32 Absatz 1 dieses Gesetzes] bestellt wurde und kein Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts bestellt worden ist, der Prüfer als bestellt bestimmt, der für die Prüfung des Jahresabschlusses bestellt worden ist.“
Für die nötige Prüfung des Konzernnachhaltigkeitsberichts in Art. x2 EGHGB fehlt allerdings diese sinnvolle Regelung – wir regen an, dies auch für die Prüfung des Konzernnachhaltigkeitsberichts so zu regeln.
§§ 10 und 12 LkSG-E
Mit der Einführung des Nachhaltigkeitsberichts als Teil des Lageberichts soll auch das LkSG bezüglich des gesonderten Sorgfaltspflichtenberichts nach § 10 Abs. 2 LkSG geändert werden. Konkret ist vorgesehen, dass der Sorgfaltspflichtenbericht entfallen kann, wenn ein pflichtgemäßer oder freiwilliger Nachhaltigkeitsbericht nach §§ 289b ff. bzw. §§ 315b ff. HGB-E erstellt, geprüft und veröffentlicht wird (§ 10 Abs. 5 und 6 LkSG-E). Dies erscheint auch mit Blick auf die CSDDD, die dies auch so plant, sehr sinnvoll, um eine Dopplung der Berichterstattung zu vermeiden.
Unglücklich geregelt wird dagegen die Änderung der Fristen. Während der isolierte Sorgfaltspflichtenbericht bereits vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres, auf das er sich bezieht, einzureichen und zu veröffentlichen ist, reicht für den um den Nachhaltigkeitsbericht ergänzten Lagebericht wie handelsrechtlich ein Jahr – dies sollte auf das eine Jahr bzw. die nach der Kapitalmarktorientierung gestaffelten Pflichten aus § 325 HGB vereinheitlicht werden.
§ 12 Abs. 4 LkSG-E regelt eine Verschiebung der Fälligkeit der Berichte für Geschäftsjahre, die vor dem 01.01.2024 begonnen haben. Diese sollen einheitlich frühestens zum 31.12.2024 fällig sein. Wie diese Regelung zeitlich noch greifen kann, ist unklar, schließlich wird das Gesetzgebungsverfahren nicht bis zum 30.04.2024 abgeschlossen sein, die Frist, zu der die ab 2023 verpflichteten Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten in Deutschland und einem kalenderjahrgleichen Geschäftsjahr ihre Berichte erstellt, bei der BAFA eingereicht und veröffentlicht haben müssten.
Allerdings hat das BAFA bereits zuvor angekündigt, dass das Vorliegen von Berichten erst ab dem 01.06.2024 überprüft werden würde. Es ist daher denkbar, dass eine weitere Verschiebung der gesetzlichen Pflichten durch Behördenmitteilung vorgenommen werden müsste, was aber wenig gesetzeskonform erscheint.
Wir schlagen vor, einen zeitlichen Gleichlauf mit den Nachhaltigkeitserklärungen herzustellen und ganz auf die Berichte zum LkSG für das Jahr 2023 für die großen kapitalmarktorientierten Unternehmen sowie zusätzlich auch auf die Berichte für das Jahr 2024 für die anderen verpflichteten Kapitalgesellschaften zu verzichten. Dies würde auch die indirekt betroffenen KMU entlasten, relevante Informationen für die Berichterstattung nur nach dem LkSG ermitteln und weiterleiten zu müssen sowie grundsätzlich insgesamt von Bürokratiepflichten entlasten.
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