Mit 20 weiteren Verbänden und Organisationen hat sich der BVBC am Montag (17.05.2021) mit einem offenen Brief an das Bundeskanzleramt sowie an das Wirtschafts- und Finanzministerium gewandt. Gemeinsam plädieren sie für mehr Hilfen für Solo-Selbstständige.
Die Zahl der Selbstständigen ist im vergangenen Jahr laut Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) um mehr als 150.000 zurückgegangen. Etwa genauso viele sollen ihre Selbstständigkeit gemäß Prognosen des Instituts in diesem Jahr niederlegen. "Corona hat sich als ein Killer für kleine Unternehmen und Selbstständige erwiesen. Hauptursache sind übermäßig bürokratische und an der Lebensrealität der Betroffenen vorbei konzipierte Corona-Hilfen.", schreibt der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) in einem an die Bundesminister Peter Altmaier (CDU), Helge Braun (CDU) und Olaf Scholz (SPD) gerichteten offenen Brief, den der BVBC mit 20 weiteren Organisationen mitgezeichnet hat. Folgende Forderungen stellen sie an die Regierung:
- Verlängerung der Neustarthilfe bis Ende 2021 sowie Aufstockung auf 12.500 Euro im zweiten Halbjahr.
- Beschluss eines bereits im Dezember von Finanzminister Scholz angekündigten Ausfallfonds für die Veranstaltungsbranche.
- Beendigung der unangemessenen Verfolgung von Soforthilfe-Empfängern wegen vermeintlichen Subventionsbetrugs
Der Brief im Wortlaut (zur PDF-Version):
Sehr geehrter Herr Bundesminister,
während die gesundheitliche Bedrohung durch die Corona-Pandemie langsam an Schrecken verliert, zeigen sich die Folgen der staatlich erzwungenen Stilllegung der Geschäftstätigkeit vor allem von Solo-Selbstständigen und kleinen Freiberufler-Einheiten in ihrer ganzen Dramatik. Das IAB prognostiziert nach einem Rückgang der Zahl der Selbstständigen um mehr als 150.000 im vergangenen Jahr einen Rückgang um weitere 150.000 in diesem Jahr. Dann werden von 4,5 Millionen Selbstständigen seit Anfang 2014 per Saldo über 600.000 aufgegeben haben – nicht durch spektakuläre Insolvenzen, sondern durch stille Geschäftsaufgaben.
Corona hat sich als ein Killer für kleine Unternehmen und Selbstständige erwiesen. Hauptursache sind übermäßig bürokratische und an der Lebensrealität der Betroffenen vorbei konzipierte Corona-Hilfen. Während Hilfen für andere Wirtschaftsteilnehmer sehr viel früher begannen, dauerte die Anerkennung des Lebensunterhalts bei den Hilfen acht Monate. Erst im November 2020 wurde die Neustarthilfe beschlossen und im Januar 2021 auf maximal 7.500 Euro aufgestockt. Was für ein Zeichen sendet eine solche Benachteiligung von Solo-Selbstständigen und kleinen Unternehmen in ein Land, das doch in einer sozialen Marktwirtschaft von der Initiative, vom Mut, von Verantwortungs- und Innovationsbereitschaft des Einzelnen lebt?
Wir wollen heute aber nicht nur zurückblicken, sondern auf Chancen hinweisen, weitere massive Schäden zu verhindern. Konkret geht es uns um vier Punkte, die jetzt faktisch wie psychologisch ein wichtiges Signal senden können.
- Verlängerung des Bezugsraums der Neustarthilfe bis Ende 2021. Wir hören lediglich von einer Verlängerung der Antragsfrist, während zugleich die Bezugsdauer für die Überbrückungshilfe III ausgedehnt werden soll. Wir fordern schnellstmöglich eine Angleichung, denn wer im zweiten Jahr noch immer von staatlichen Verboten und hohen Umsatzrückgängen betroffen ist, ist dies oft schon seit Beginn der Krise.
- Deshalb fordern wir dringend auch eine Erhöhung der Neustarthilfe auf 12.500 Euro für das zweite Halbjahr, wobei 5.000 Euro hiervon auf die Grundsicherung angerechnet werden, sofern eine solche bezogen wird.
- Und wir fordern – besonders mit Blick auf das Bundesfinanzministerium – den Beschluss für einen Ausfallfonds für die Veranstaltungswirtschaft, um Rechtssicherheit für die Planung von kulturellen und Business-Veranstaltungen im zweiten Halbjahr zu schaffen.
- Auch wenn dieses Thema vor allem in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, möchten wir Sie über eine weitere Verschärfung der Situation von Soforthilfe-Empfängern durch unangemessene Verfolgung wegen vermeintlichen Subventionsbetrugs ins Bild setzen. In Seite 3/5 den allermeisten Fällen handelten Antragsteller nach bestem Wissen und Gewissen; nunmehr tritt der Staat in vielen Fällen mit einem Generalverdacht an Hilfsempfänger heran und verunsichert diese maximal. Wir regen stattdessen ein geordnetes Rückmeldeverfahren wie etwa in Nordrhein-Westfalen an, mit der Möglichkeit, sich entsprechend der Vorgaben zu erklären. Erst wenn dies nicht geschieht, wäre eine Strafverfolgung geboten. Alternativmodell ist der Verzicht auf ein Rückmeldeverfahren und die Strafverfolgung dann nur in eindeutig erkennbaren Fällen wie in Bayern.
Dass viele bei uns organisierte Selbstständige verzweifelt sind, dass sie betroffen sind wie wirtschaftlich kaum eine zweite Berufsgruppe, ist bekannt. Was sich damit aber verbindet, ist ein Substanz-Verlust mit wirtschaftlichen und kulturellen Folgen für die ganze Gesellschaft, eine Erosion von Eigenverantwortung und Mut der Menschen. Die brauchen wir aber für das RestartProgramm nach der Corona-Pandemie. Wirtschaft ist nicht nur Industrie, sondern auch das wirtschaftliche Handeln dicht am und für den Menschen.
In diesem Sinne bitten wir Sie ganz herzlich um eine positive Befassung mit diesen Anliegen.