Die Einführung einer Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ist Bestandteil des Koalitionsvertrags. Möglichkeiten der Gestaltung gibt es viele – gemeinsam mit anderen Verbänden engagiert sich der BVBC für eine faire Gesetzgebung und beteiligt sich an politischen Gesprächen.
Im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (bagsv) setzt sich der BVBC gemeinsam mit über 20 weiteren Verbänden für die wirtschaftlichen und sozialen Belange seiner selbstständigen Mitglieder ein. Seit Gründung der Initiative ist die Beseitigung der anhaltenden Rechtsunsicherheit beim Thema „Scheinselbstständigkeit“ ein gemeinsames Anliegen, das die Verbandsvertreter umtreibt. Aber auch zu den Themen Altersvorsorgepflicht für Selbstständige und Krankenversicherungsbeiträge sucht die Arbeitsgemeinschaft das politische Gespräch. Zuletzt traf sie sich am 11. Februar dieses Jahres in Berlin, um diese Punkte mit den Bundestagsabgeordneten Wilfried Oellers (CDU) und Dr. Roy Kühne (CDU) zu diskutieren.
Geplante Altersvorsorgepflicht für Selbstständige
Nachdem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schon Anfang 2019 einen „Gesetzesentwurf zur Einbeziehung der Selbstständigen in das System der Alterssicherung“ vorlegen wollte, verschob er vergangenen April seine Pläne auf das Jahresende. Doch auch dieser Zeitplan ging nicht auf. Ein Entwurf soll nun in der ersten Jahreshälfte folgen, wie aus einer Antwort (19/16819) auf eine kleine Anfrage der Grünen hervorgeht. Fachgespräche zur geplanten Altersvorsorgepflicht liefen indes schon mehrere. Mit dabei waren auch Vertreter der bagsv. Das Arbeitsministerium griff damit eine zentrale Forderung der Arbeitsgemeinschaft auf und bezog die Verbände aktiv in Gespräche mit ein. Bereits im Oktober 2018 haben der BVBC und zwölf weitere Verbände mit einem Positionspapier auf die Pläne der großen Koalition reagiert. Im Kern geht es darin um folgende Forderungen:
- Die Altersvorsorgepflicht sollte nur für künftige Selbstständige gelten.
- Übermäßige Belastungen müssen verhindert werden.
- Es sollten keine überzogenen Anforderungen an Opt-out-Produkte gestellt werden, um Selbstständige so in die gesetzliche Rentenversicherung zu drängen.
- Vor Einführung der Altersvorsorgepflicht müsse zwingend Rechtssicherheit hinsichtlich der Problematik „Scheinselbstständigkeit“ und des damit verbundenen Statusfeststellungsverfahrens geschaffen werden.
FDP fordert Reform des Statusfeststellungsverfahrens
Am 12. Dezember letzten Jahres brachte Johannes Vogel, rentenpolitischer Sprecher der FDP, den Antrag „Fairness für Selbstständige – Statusfeststellungsverfahren reformieren, Altersvorsorge ermöglichen, Kranken- und Arbeitslosenversicherung öffnen“ (19/15232) in den Bundestag ein und griff darin auch Positionen der bagsv auf. Die FDP macht in ihrem Antrag konkrete Lösungsvorschläge und fordert in Bezug auf das Statusfeststellungsverfahren, dass das Verfahren sich von der Prüfung einzelner Aufträge lösen müsse und auch für die Zukunft Rechtssicherheit geben solle – bis zu einer erneuten Prüfung oder Änderung der Umstände. Außerdem sollten folgende Faktoren eine größere Rolle spielen:
- Honorarhöhe
- Bestehen einer Altersvorsorge
- Verkehrsanschauung (in den jeweiligen Branchen Anerkanntes, Übliches und Notwendiges)
Wie die bagsv fordert auch die FDP klare Positivkritierien, bei deren Vorhandensein von einer Selbstständigkeit auszugehen sei, sowie eine Verlagerung des Statusfeststellungsverfahrens weg von der Rentenversicherung hin zu Finanzämtern oder ähnlichen Stellen, die nicht unmittelbar von Beitragsnachforderungen profitieren. Begrüßenswert ist auch der Vorschlag eines Online-Selbstests. Eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige befürwortet die FDP in ihrem Antrag, allerdings sollen diese die Freiheit haben, die Art der Vorsorge selbst zu wählen und die Pflicht solle auf die Basisabsicherung im Alter begrenzt werden.
Neben der Gründung neuer berufsständischer Versorgungswerke solle auch ein pfändungssicheres Altersvorsorge-Depot geschaffen werden, in dem kostengünstig und renditestark in Form von Investmentfonds und ETFs fürs Alter gespart werden könne. Auch die Riester-Förderung solle für Selbstständige geöffnet werden. In Hinblick auf die gesetzliche Krankenversicherung fordert die FDP insbesondere stärker einkommensabhängige Beiträge sowie eine erneute Öffnung der Arbeitslosenversicherung für Selbstständige.
MdB Wilfried Oellers (CDU) war einer der Redner, die in der Bundestagssitzung auf den FDP-Sprecher folgten. Er kritisierte den Antrag als nicht praxistauglich. Für die Schaffung von Rechtssicherheit besonders für Solo-Selbstständige wolle er sich jedoch einsetzen. Positivkriterien seien jedoch keine geeignete Maßnahme, das habe der Kriterienkatalog gezeigt, der kurz nach seiner Einführung wieder aus § 7 SGB IV herausgestrichen wurde. Oellers verlässt sich stattdessen auf die Rechtsprechung, die für die Auslegung zuständig sei. Den Vorschlag einer „neutralen Stellung“ befürwortete der Abgeordnete jedoch. Dafür müsste allerdings mehr Personal eingestellt und Verfahren angepasst werden. Der Antrag wurde schließlich an den Ausschuss für Arbeit und Soziales, in dem auch Oellers Mitglied ist, sowie an den Ausschuss Digitale Agenda überwiesen.
Politiker nach bagsv-Treffen für mehr Zusammenarbeit mit Verbänden
Die bagsv lud Oellers zu ihrer Sitzung im Februar ein, um mit ihm die Möglichkeiten der Umsetzung der Altersvorsorgepflicht zu diskutieren. Der Abgeordnete erklärte seine Positionen vor Ort detailliert und gab zu verstehen, dass ihm das Thema persönlich sehr am Herzen liegt. Vorschläge der Arbeitsgemeinschaft wie unbürokratischere Verfahren oder die Schaffung einer Schiedsstelle befürwortete der Politiker. Aus der Diskussion nahm Oellers eigenen Angaben zu folge zahlreiche Anregungen mit.
Das Gespräch empfand er als sehr konstruktiv und wünschte sich einen weiteren Termin, um im gemeinsamen Diskurs zu bleiben. Auch Dr. Roy Kühne (CDU), ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, sicherte den Verbandsvertretern in der Diskussionsrunde zu, sich für ihre Anliegen einzusetzen und für weitere Gespräche und Initiativen unterstützend zur Verfügung zu stehen.