Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gab dem BVBC die Gelegenheit, zum Referentenentwurf für das "Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht" Stellung zu beziehen. Nach Erstellung durch das Wissenschaftliche Institut des BVBC (WIB) reichte der BVBC am Donnerstag, 31.10.2019, folgende Stellungnahme ein:
1. Allgemeines
a) Bei der Beurteilung der gesetzlichen Regelung darf der juristische Normalfall nicht aus den Augen verloren werden. Dieser gesetzliche Normalfall mit der dort vorgesehenen Risikoverteilung muss auch der Maßstab für weitergehende Informations- und Aufklärungspflichten des Zessionars bilden. b) Gesetzliche Normalverteilung
- Der Unternehmer trägt grundsätzlich das Risiko seiner Leistungserbringung, sei es in Form eines Kauf-, Werk- oder sonstiges Dienstleistungsvertrages
- Der Verbraucher trägt grundsätzlich das sog. Preisrisiko.
- Ab einem bestimmten Zeitpunkt geht die Leistungs- sowie die Gegenleistungsgefahr (=Preisrisiko) auf die jeweils andere Partei über (Beispiel: Annahmeverzug)
c) Allein der Umstand, dass die Geldleistungsforderung aufgrund einer Abtretung durch eine andere Person geltend gemacht wird, kann nicht zu erhöhten Informations- und Aufklärungspflichten führen, die mit der Zession als solcher gar nicht in Zusammenhang stehen und somit nur anlässlich der Zession anfallen. Ganz allgemeine Folgen aus der Leistungserbringung des Unternehmers, namentlich die Folgen verspäteter Zahlungen können nicht zu zusätzlichen Informations- und Aufklärungspflichten, die die Durchsetzung der Forderung im Ergebnis erschweren, führen.
Jeder, der im weitesten Sinne Leistungen, auch Waren, bezieht, weiß, dass diese zu bezahlen sind, und es bei Nichtzahlung Weiterungen geben kann. Möchte er diese vermeiden, muss der Verbraucher nicht aufgeklärt werden, sondern einfach nur zahlen. Es gibt keinen Grund, für Verbraucher besondere Schutzvorschriften diesbezüglich einzuführen. Der Gesetzgeber wird doch wohl nicht allen Ernstes behaupten wollen, dass es dem Verbraucher unbekannt sei, dass die Folgen verspäteter Zahlungen dazu führen kann, dass zusätzliche Kosten und Gebühren anfallen. Sollten diese im Einzelfall überzogen sein, mag man mit dem Tatbestandsmerkmal der „Notwendigkeit“ die erforderlichen Korrekturen vornehmen, da nur angemessene und erforderliche Betreibungskosten vom Geldleistungsschuldner zu tragen sind.
So ist es beispielsweise anerkannt, dass die Kosten für die Einschaltung eines Inkassounternehmens dann nicht zu tragen sind, wenn der Geldleistungsschuldner vor Einschaltung des Inkassobüros deutlich macht, dass er die Forderung, sei es zu Recht oder zu Unrecht, keinesfalls bezahlen wird. Die Einschaltung eines Inkassobüros wird in solchen Fällen als unnötig eingestuft, da dem Geldleistungsgläubiger bekannt ist, dass dieser ohnehin den Gerichtsweg wird einschlagen müssen und daher in der Regel einen Anwalt beauftragen muss.
d) Sicherlich wird man aufgrund der Erfahrungen zu gegenwärtigen haben, dass auch die Branche der Inkassodienstleister anfällig für betrügerische Verhaltensweisen ist, namentlich in Bezug auf die Methoden und den Nachweis der Inhaberschaft der Forderungen. Es gibt zahlreiche Berichte, in denen Inkassodienstleister unter dem Anschein einer offiziellen Funktion Forderungen schlicht erfunden haben.
2. Besonderheiten
a) Besonderheiten ergeben sich bei einer Zession daraus, dass der Geldleistungsgläubiger sich ändert. Daraus ergeben sich nach Auffassung des Verfassers nachfolgende weitere Informationspflichten:
- Angabe des ursprünglichen Gläubigers,
- Angabe der genauen Leistungsbeziehung/Vertrages unter Einschluss des Leistungszeit-raumes, dessen Entgeltforderung zum Inkasso abgetreten worden ist,
- Dokumentarischer Nachweis der Abtretung
- Angabe der Höhe der Forderung (ist allein schon deswegen notwendig, um die Forderung als solche beziffert geltend zu machen)
b) Ebenso sind Angaben zum Inkassounternehmen inklusive der Aufsichtsbehörde zu machen. Dies ergibt sich aber bereits aus der Verbraucherinformation VO und gilt nicht nur für das Inkassounternehmen als Zessionar, sondern auch für den Zedenten. Hier wiederum gibt es keinen Grund, den Zessionar (=Inkassounternehmen) besser zu stellen, als den ursprünglichen Gläubiger, der diese Angaben bereits im Rahmen der Vertragsanbahnung zu machen hat.
3. Einzelheiten des Entwurfes zum RDG
a) §§ 12, 13 RDG-E werden begrüßt, weil dies zu einem größeren Gleichlauf mit den Pflichten des Rechtsanwalts, der Inkasso betreibt, bringt, und es sich im Übrigen auch um Selbstverständlichkeiten im Hinblick auf die Zuverlässigkeit handelt. b) Die Regelungen in § 13a RDG-E sind differenziert zu betrachten:
- Die Regelungen in § 13a Abs. 3,4 RDG-E sind als exzessiver Verbraucherschutz, abzulehnen. Der Inkassodienstleister ist unter Verkennung der Risikosphären gezwungen, Informationen und Aufklärungen zu erteilen, die in den ausschließlichen Verantwortungsbereich des Geldleistungsschuldners fallen. Will der Geldleistungsschuldner sich diese Informationen nicht eigenverantwortlich beschaffen, mag er mit den Kosten leben oder eben seine Schuld sofort begleichen. Der Inkassodienstleister, der üblicherweise nur und ausschließlich die Interessen seines Auftraggebers wahrzunehmen hat, wird dadurch gezwungen, das Geschäft des Geldleistungsschuldners zu betreiben.
(Das Gegenargument wird mutmaßlich sein, dass der Inkassodienstleister hierbei die Funktion einer Bank übernimmt, die ähnliche Informations- und Aufklärungspflichten treffen mit Ausnahme die nach § 13a RDG-E Abs. 4.)
- Bei § 13a Abs.2 RDG-E scheint zumindest teilweise eine Überschneidung mit § 13a Abs.1 RDG-E vorzuliegen.
Die Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift des Auftraggebers ist schon deswegen redundant, da der Verbraucher aufgrund des geschlossenen Vertrages seinen ursprünglichen Vertragspartner bereits kennt, und dieser aufgrund der gesetzlichen Vorschriften die Informationen im Vorfeld des Vertragsschlusses zu erteilen hat.
Für die Mitteilung der wesentlichen Umstände des Vertragsschlusses gibt es keine Notwendigkeit, da auch diese dem Verbraucher bereits aufgrund des Vertragsschlusses bekannt sind oder bekannt sein müssen. Würde der leistende Unternehmer selbst die Geldleistung geltend machen, wäre dieser zu einer solchen Angabe auch nicht verpflichtet.
Stattdessen sollte man die Angabe der genauen und vollständigen Abtretungskette und auf Verlangen auch den Nachweis dieser aufnehmen. Erfahrungsgemäß fördert die Anforderung der Abtretungserklärungen/Abtretungskette (bei Mehrfachabtretungen) Erstaunliches, gerade auch im negativen Sinne, zutage. Wohl gerade bei Abtretungsfabriken/Inkassofabriken scheint die Dokumentation nicht immer vollständig zu sein.
- Gegen die Informationen nach § 13a Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4, 5, 7 -E sind keine Einwendungen zu erheben.
Die Detailregelung des § 13a Abs. 1 Nr.6 RDG-E dürfte auf eine umsatzsteuerrechtliche Spezialregelung zurückzuführen sein; diese Angabe ist bislang eigentlich nur bei sog. Kostenerstattungen aufgrund gerichtlicher Kostenfestsetzungsbeschlüsse bekannt, bei deren Anträgen angegeben werden muss, ob der die vertretene Partei (Kläger oder Beklagter) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder nicht. Im gerichtlichen Verfahren werden nur die Kosten festgesetzt, die die obsiegende Partei wirtschaftlich endgültig zu tragen hat.
Dies gilt bei Vorsteuerabzugsberechtigung für die Umsatzsteuer, insbesondere aus Anwaltsrechnungen nicht, da der Unternehmer diese im unternehmerischen Bereich als Vorsteuer geltend machen kann.
Eine Diskussion der Sinnhaftigkeit einer solchen umsatzsteuerrechtlichen Bereichsausnahme sollte an dieser Stelle nicht erfolgen.
- Bei der Regelung in §13a Abs.1 Nrn. 3 RDG-E mag man sich die Frage stellen, ob eine derartige Erleichterung für den säumigen Schuldner wirklich angemessen ist. Dies umso mehr, als die meisten Verbraucher wohl mit dem Internet umzugehen verstehen, und man dort kostenlos sog. „Verzugszinsrechner“ herunterladen und darüber die Zinsen berechnen kann. Man mag dies aus Gründen der reinen Arbeitserleichterung und aufgrund des professionelleren Umganges der Inkassounternehmen mit solchen Berechnungstools hinnehmen, aber fragwürdig scheint dies aufgrund der Abgrenzung der Risikosphären zu sein.
c) § 13b RDG-E ist suboptimal ausgestaltet. Es wäre zur weitergehenden Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sinnvoll, nicht nur das RVG als Obergrenze der Gebühren, sondern auch die RVG als Mindestgebühren einzuziehen. d) Der Regelungskomplex des § 13c RDG-E ist weitestgehend interessengerecht und in sich schlüssig und greift – so in § 13c Abs.2 RDG-E – die bisher überwiegende Rechtsprechung auf:
- Die Erwägung, dass sich der Gläubiger einer unbestrittenen Forderung entscheiden möge, ob er einen Inkassodienstleister oder einen Rechtsanwalt beauftragt ist nur im Wesentlichen interessengerecht:
Aufgrund der Anrechnungsklausel der außergerichtlichen Gebühren auf die gerichtlichen Anwaltskosten ist der Gläubiger bei Einschaltung eines Inkassobüros festgelegt, die gerichtliche Geltendmachung über das Mahnverfahren zu betreiben, da im gerichtlichen Verfahren Inkassodienstleister nicht vertreten dürfen. Dies stellt eine zumindest fragwürdige Begrenzung der Rechtswahlfreiheit dar. Dies umso mehr als der Schuldner, der nicht bestreitet, die Forderung zu begleichen, so dass ein gerichtliches Tätigwerden nicht erforderlich ist.
Für ein Bestreiten nach Beauftragung eines Inkassodienstleisters findet sich § 13c Abs.3 RDG-E die entsprechende Kollisionsregelung.
- Die Regelung in § 13c Abs.2 RDG-E entspricht im Wesentlichen der bereits bestehenden Rechtsprechung und ist aus Gründen der Klarstellung zu begrüßen. In solchen Fällen ist es für den Gläubiger geradezu evident, dass irgendwann die Beauftragung eines Rechtsanwalts notwendig werden wird. Die Kosten für die Vorschaltung eines Inkassounternehmens mögen dann auf die Anwaltskosten angerechnet werden, da die Kosten für beide Dienstleister zur Rechtsverfolgung und –durchsetzung nicht erforderlich ist.
- § 13c Abs 3 RDG-E stellt eine interessensgerechte Regelung dar, wobei allerdings Zweifel daran bestehen, ob immer eine trennscharfe Abgrenzung bezüglich der Kausalität der Beauftragung eines Rechtsanwalts getroffen werden kann. Die gesetzgeberische Wertung, den Geldleistungsgläubiger, der mangels Bestreitens der Forderung, nicht mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts zu rechnen braucht, in diesem Vertrauen geschützt wird, ist zu unterstützen. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber diesen Gedanken auch sehr viel stärker im Rahmen des § 13c Abs. 1 RDG-E berücksichtigt. Es wäre allerdings in der Gesetzesbegründung expressis verbis mitaufzunehmen, dass es auch zu den Fällen das Bestreiten Anlass für den Einsatz eines Rechtsanwalts gegeben hat, wenn der Geldleistungsschuldner erst im Mahn-/Vollstreckungsverfahren Widerspruch/Einspruch einlegt und aufgrund dessen ein streitiges Verfahren durchgeführt oder verhindert wird, in dem der Inkassodienstleister nicht mehr vertreten/auftreten darf.
4. Einzelheiten des Entwurfes zum BGB-E
a) Die geplante Regelung in § 288 Abs. 4 BGB-E ist eine vollkommen unsachgemäße Pflichtangabe zugunsten des Schuldners. Bereits in der gegenwärtigen Fassung des § 288 Abs.4 BGB ist auf die Möglichkeit eines weitergehenden Schadens als des Verzugszinses hingewiesen. Warum man den säumigen Schuldner noch weiter durch Informationen schützen möchte, bleibt unklar. Der Schuldner weiß, dass und wann dieser zu zahlen hat. Der Schuldner möge fristgerecht bezahlen. Soweit dem Gesetzgeber eine weitere Zahlungsmotivation des Schuldners vorgeschwebt haben mag, würde diese Regelung nur zugunsten des Geldleistungsgläubigers allerdings mit Sanktionierung desselbigen und Entlastung des Geldleistungsschuldners wirken.
Diese Regelungsmechanik ist geradezu absurd. Die Hinweisverpflichtung wird zu Lasten des Geld-leistungsgläubigers sogar noch an bestimmte gestalterische Anforderungen geknüpft. Die verschiebt die Risikosphären unangemessen, weil der Geldleistungsgläubiger nunmehr auch noch das Risiko des nachlässig lesenden Geldleistungsschuldners übernimmt, der den Hinweis mangels Deutlichkeit nicht erkennt. Dies entlastet den Geldleistungsschuldner, der nicht fristgerecht zahlt, übermäßig und verkennt, dass sich der nicht rechtzeitig zahlende Schuldner bereits außerhalb der Rechtsordnung gestellt hat.
5. Einzelheiten zur Änderung der BRAO
Zu den geplanten Änderungen in § 43d BRAO-E darf auf die Ausführungen zu den geplanten Änderungen im RDG-E unter Ziffer 3. dieser Kurzanmerkungen Bezug genommen werden. Hier wird es noch sehr viel deutlicher, dass diese Regelung gegen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen verstößt, da den Rechtsanwalt bei Abschluss seines Schuldanerkenntnisses umfangreiche Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber dem juristischen Gegner treffen und insoweit der Rechtsanwalt das Geschäft des juristischen Gegners betreibt. ⇒
Stellungnahme als PDF downloaden