Am 16. und 17. Oktober 2025 führte der BVBC Gespräche mit Abgeordneten des Finanzausschusses. Die Gesprächspartner zeigten sich offen, berufsrechtliche Öffnungen für selbstständige Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter zu prüfen – zugleich überlagert die aktuelle Diskussion über Private-Equity-Beteiligungen an Steuerberatungsgesellschaften andere Themen.
Nachdem im August der Referentenentwurf zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes veröffentlicht worden ist, zu dem der BVBC seine Stellungnahme vorgelegt hat (vgl. BVBC-Artikel vom 19.09.25), reisten Präsident Guido Großholz und Geschäftsführer Kenan Häberle für direkte Gespräche nach Berlin. Für Donnerstag, den 16. Oktober, und Freitag, den 17. Oktober, waren Termine mit Abgeordneten des Finanzausschusses vereinbart. Im Vordergrund stand der aktuelle Referentenentwurf, der aus Sicht des BVBC weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Häberle brachte es auf den Punkt: „Von einem SPD-geführten Ministerium wäre mehr Liberalisierung zu erwarten gewesen. Stattdessen soll für Selbstständige lediglich das Anlegen von Kontenplänen in § 6 StBerG ergänzt werden – das greift zu kurz.“
Auch die Gesprächspartner ließen erkennen: Der Referentenentwurf besitzt Überarbeitungspotenzial. Bevor der Finanzausschuss und die Berichterstatter in die Detailarbeit einsteigen können, bedarf es jedoch eines Kabinettsentwurfs. Häberle warnte zugleich davor, die Debatte zu verengen: „Das Fremdbesitzverbot darf nicht das einzige Thema sein. Gute Gesetzgebung priorisiert Sorgfalt vor Tempo. Wer Versorgungssicherheit will, denkt die Befähigung von Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhaltern mit.“
Kontext: Warum die Private-Equity-Debatte jetzt so präsent ist
Seit dem BMF-Referentenentwurf vom 7. August 2025 (9. StBerÄndG) wird intensiv über die Absicherung des Fremdbesitzverbots diskutiert. Der Entwurf zielt darauf, indirekte bzw. mehrstöckige Beteiligungsstrukturen – etwa über (auch ausländische) WP-/BP-Gesellschaften – zu begrenzen. Das würde den Einstieg von Finanzinvestoren in Steuerberatungsgesellschaften spürbar erschweren; die Bundessteuerberaterkammer begrüßt dies mit Blick auf die Unabhängigkeit, während Teile der Praxis Überregulierung und Standortnachteile kritisieren.
Forderungen des BVBC
Entgegen dem von der Private-Equity-Diskussion geprägten Fokus zeigten sich die Abgeordneten den Befugniserweiterungen gegenüber aufgeschlossen. Großholz formuliert es deutlich: „Das Verbot der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung muss fallen. Substantielle Gegenargumente wurden bislang nicht vorgetragen.“ Die Argumentation wurde zugleich konsequent weitergedacht: „Wenn wir die Umsatzsteuervoranmeldung erstellen dürfen, gehört folgerichtig die Umsatzsteuer-Jahreserklärung dazu.“
Auch die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) wurde überwiegend unkritisch gesehen. Zwar kam die Sorge auf, eine Öffnung entlang des vom BVBC vorgeschlagenen Stufenmodells könne das Kerngeschäft mancher Kanzleien tangieren; als Begründung für ein Festhalten am Verbot trage dieses Argument jedoch nicht. Großholz betonte: „Die Branche erlebt massive Kapazitätsengpässe – Mandate werden abgelehnt oder beendet. Öffnungen sind kein Nullsummenspiel, sondern ein Gewinn für alle. Reflexhafter Protektionismus passt nicht zur aktuellen Lage.“
Besonders eindrücklich stellte der BVBC-Präsident die Ungleichbehandlung von angestellter und selbstständiger Tätigkeit heraus: Während in Unternehmen bereits Auszubildende umfangreiche buchhalterische und steuerliche Aufgaben übernehmen dürften, bleibt ihm als selbstständigen Bilanzbuchhalter mit zusätzlichem MBA-Abschluss genau dieses Tätigkeitsfeld weitgehend verschlossen. Diese Asymmetrie überzeugt politisch immer weniger.
Die Resonanz war spürbar. Gleichzeitig sicherte der BVBC zu, dass „gleiche Rechte“ auch „gleiche Pflichten“ bedeuten: Versicherungs- und Fortbildungspflichten, eine saubere Dokumentation sowie klare Weiterleitungsvorgaben bei wertungsintensiven Sachverhalten sind für die Profession gelebter Standard – und können, soweit erforderlich, gesetzlich verankert werden. Großholz: „Qualitätssicherung ist Teil der eigenen Berufsgrundsätze – dafür steht der BVBC ausdrücklich ein.“
Positive Signale und weitere Termine
Die Signale aus beiden Gesprächen sind positiv, ersetzen jedoch keine Entscheidungen. In der vergangenen Legislaturperiode geriet das Verfahren an der Frage der Befugniserweiterung ins Stocken; SPD und Grüne befürworteten weitergehende Öffnungen, die FDP blieb zurückhaltend. Maßstab bleibt, Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit kohärent zu verbinden.
Trotz einer hoch ausgelasteten Sitzungswoche wurden die Gespräche nicht abgesagt, sondern in die eigentliche Mittagspause verlegt sowie – nach mehreren internen Verschiebungen – früh auf 08:00 Uhr angesetzt und in dem Fall mit insgesamt fünf Teilnehmenden geführt. Die Gesprächspartner hörten zu, hakten nach und dokumentierten sorgfältig – ein deutliches Zeichen für ernsthafte Befassung. Daran knüpft der Verband an und hält den Austausch offen.
Die nächsten politischen Termine stehen fest: Anfang November 2025 nimmt der BVBC am parlamentarischen Frühstück der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) mit Abgeordneten verschiedener Fraktionen teil. Ende November 2025 ist ein Gespräch mit dem Bundesministerium der Finanzen vereinbart, um die Positionen direkt am Ursprungsort des Referentenentwurfs nochmals vertieft darzulegen.
Fazit
Die Gespräche in Berlin zeigen: Öffnungsspielräume bei UStVA, USt-Erklärung und EÜR werden ernsthaft erwogen. Zugleich prägt die Private-Equity-Debatte den politischen Rahmen. Entscheidend wird nun eine präzise und verhältnismäßige Gesetzgebung, die Praxisnähe und Qualität verbindet – und die verfügbaren Kapazitäten dorthin lenkt, wo sie in Wirtschaft und Verwaltung am dringendsten benötigt werden.
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