Die September-Ausgabe der BC hat die geplanten Änderungen am Steuerberatungsgesetz (StBerG) umfassend aufgearbeitet. Der BVBC legt nun seine Bewertung vor: Der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums vom 7. August 2025 bleibt bei den Befugnissen für selbstständige Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter zu flach. Eine Verbandsstellungnahme ist eingereicht, erste Gespräche mit Abgeordneten in Berlin sind terminiert.
Mit dem neuen Referentenentwurf zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes will das Bundesfinanzministerium auf ein seit 2018 laufendes Vertragsverletzungsverfahren (2018/2171) der Europäischen Kommission reagieren. Brüssel kritisiert, dass die deutschen Regeln zur Hilfeleistung in Steuersachen unsystematisch und unverhältnismäßig seien. Ziel des Entwurfs ist daher, mehr Kohärenz zu schaffen und den Rechtsrahmen zu ordnen.
Aus Sicht des BVBC bleibt dieser Ansatz jedoch oberflächlich. Zwar wird die Systematik überarbeitet, doch der eigentliche Bedarf in Kanzleien und Betrieben findet kaum Beachtung. Für selbstständige Finance-Profis bedeutet der Entwurf kaum Fortschritt: Der notwendige Befugnissprung bleibt aus. Tätigkeiten, die in der Praxis erprobt und durch die Qualifikation von Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhaltern abgedeckt sind, bleiben weiterhin verschlossen. Die erhoffte Entlastung erreicht damit weder Steuerberatungskanzleien noch Unternehmen.
Dabei steht Deutschland gleichzeitig vor massiven Herausforderungen: Bürokratiekosten belasten die Wirtschaft, und der Fachkräftemangel verschärft sich. Wo qualifizierte Finance-Profis Aufgaben rechtssicher übernehmen könnten – von standardisierten Prozessen bis hin zu vorbereitenden Abschlussarbeiten und Bilanzen–, entstehen unmittelbare Effizienzgewinne. Kanzleien gewinnen Freiraum für Beratungsfälle mit echtem Prüf- und Gestaltungsbedarf, kleine und mittelständische Unternehmen erhalten verlässliche Unterstützung zu vertretbaren Kosten, und die Verwaltung profitiert von sauber vorbereiteten, prüffähigen Daten.
Eine Öffnung entlang von Qualifikations- und Tätigkeitsprofilen wäre damit kein Sonderrecht für eine Berufsgruppe, sondern Wirtschaftspolitik im besten Sinne. Wer diese Chance ungenutzt lässt, setzt hingegen auf die Bewahrung bestehender Marktgrenzen – und verpasst die dringend notwendige Entlastung.
Der BVBC erkennt zwar die Bemühungen um mehr Ordnung, sieht darin aber keine Antwort auf die eigentlichen Probleme. Geschäftsführer Kenan Häberle bringt es auf den Punkt:
„Der Entwurf nimmt Ordnung in die Paragrafen, aber zu wenig Druck von der Praxis. Es entsteht der Eindruck, dass Schutzinteressen einzelner Berufsvertretungen weiterhin mehr Gewicht haben als der Entlastungsbedarf in Kanzleien und Unternehmen. Eine Reform, die Verhältnismäßigkeit ernst nimmt, darf nicht beim Kontenplan enden. Wer stattdessen jede Umsatzsteuervoranmeldung wie ein hochkomplexes Rechtsgutachten behandelt, verkennt die Realität in den Betrieben. Gefragt sind keine Symbolpolitik zum Schutz von Marktgrenzen, sondern praxisnahe Befugnisse, die Kanzleien entlasten, Unternehmen unterstützen und letztlich das Steueraufkommen sichern.“
Tatsächlich beschränkt sich der Entwurf bei § 6 StBerG im Wesentlichen auf die Ergänzung des Anlegens von Kontenplänen – weitergehende Befugniserweiterungen für qualifizierte Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter fehlen vollständig. Vielmehr betont die Begründung ausdrücklich, dass die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht als Tätigkeit einfacher Art anzusehen sei.
Dass ein so schmaler Zuschnitt gerade aus einem SPD-geführten Finanzministerium kommt, überrascht. Denn in der vergangenen Legislatur hatten Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der SPD (und auch der Grünen) deutlich weitergehende Schritte als sinnvoll erscheinen lassen – deren Umsetzung scheiterte einzig am Widerstand der FDP. Umso wichtiger ist es jetzt, im parlamentarischen Verfahren an diese fachliche Linie anzuknüpfen.
Wie es weitergeht
Der BVBC hat seine Stellungnahme beim Bundesfinanzministerium eingereicht und befindet sich mit Mitgliedern des Finanzausschusses im Austausch; erste Termine in Berlin sind vereinbart. Im Fokus stehen präzise, qualifikationsgebundene Öffnungsvorschläge – mit klaren Qualitätsvorkehrungen. Ziel ist eine Reform, die europarechtlichen Maßstäben genügt und die wirtschaftliche Realität in den Betrieben abbildet.
Entscheidend ist nun, dass die Argumente nicht nur in Berlin gehört werden. Mitglieder können wesentlich dazu beitragen, indem sie die Abgeordneten ihrer Wahlkreise – insbesondere von SPD und Union als Regierungsparteien – direkt ansprechen und auf die Schieflage im Entwurf hinweisen. Persönliche Schreiben, selbst wenn sie knappgehalten sind, haben erfahrungsgemäß Wirkung: Sie fallen auf und führen in der Regel zu einer Antwort. Jede Stimme verstärkt den politischen Druck für eine Reform, die den tatsächlichen Bedarf in Wirtschaft und Praxis berücksichtigt.
Zur dazugehörigen Stellungnahme des BVBC gelangen Sie hier.



