Klärung durch den BGH ist erfolgt
Ein Beitrag von BVBC-Versicherungsexperte Matthias Lesch – seit 1996 als unabhängiger Versicherungsmakler mit der modus.Matthias Lesch GmbH strategischer Partner des BVBC.
Auch nach der bereits überwiegenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte fehlte Steuerberater*innen und Lohnbuchhalter*innen im Rahmen der Lohnbuchhaltung die Berechtigung zur sozialversicherungsrechtlichen Beratung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das in seinem Urteil vom 08.02.2024 (IX ZR 137/22) bestätigt und konkretisiert. Obgleich hierzu eine eindeutige Tendenz in den letzten Jahren festzustellen war, reißt die Anzahl der Haftungsfälle nicht ab.
Jedem Profi im Bereich der Lohnbuchhaltung ist klar, dass sie oder er oftmals als Schnittstelle zwischen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen angesehen wird. Doch da sei Vorsicht geboten!
Haftungspotential Gesellschafter-Geschäftsführer*in und die Übernahme von Mandaten
Hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status ist ein großes Schadenpotential festzustellen, sofern Gesellschafter-Geschäftsführer*innen sozialversicherungsfrei gestellt werden.
Ein hohes Haftungspotential birgt die Übernahme eines Lohnmandats von der vorigen Beraterin oder vom vorigen Berater, wenn bei der Übernahme die technisch voreingestellte sozialrechtliche Einordnung der Mitarbeitenden nicht hinterfragt wird. Deshalb sollte auf folgende Aspekte geachtet werden:
Sozialversicherungsrechtliche Beratung und Prüfung
Führen Lohnbuchhalter*innen überhaupt eine sozialversicherungsrechtliche Beratung oder Prüfung durch? Hier gilt ganz klar: Nein. In ihrem Arbeitsbereich sind zwar steuer- als auch sozialversicherungsrechtliche Vorschriften und Gesetze zu beachten. Dennoch darf keine sozialversicherungsrechtliche Beratung erbracht werden. Darunter fällt logischerweise auch keine Überprüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Diese Tätigkeiten unterliegen der Rechtsberatung, die selbstständige (Bilanz-)Buchhalter*innen nicht ausüben dürfen. Gleiches gilt für Steuerberater*innen bzw. Steuerberatungsgesellschaften.
Dennoch ist bei einer Übernahme die Nachfrage, weshalb unter Umständen kein Abzug für die Sozialversicherung vorgenommen wurde, dringend erforderlich. Die Anfrage sollte in jedem Fall schriftlich erfolgen, damit ein Nachweis jeweils möglich ist.
Hinweisgeber*in und kein*e Rechtsberater*in
Selbstständige Bilanzbuchhalter*innen sollten ihre Auftraggeber*innen darauf hinweisen, welche tatsächlichen Schwierigkeiten bei einer fehlerhaften sozialversicherungsrechtlichen Statuseinordnung entstehen können. Denn sie haben in einem solchen Fall die Nebenpflicht, die Empfehlung auszusprechen, den Status durch Rechtsanwält*innen feststellen zu lassen oder die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens durchzuführen. Auch diese Empfehlung sollte schriftlich fixiert werden. Im besten Fall sollte auch der Empfang des Hinweises schriftlich dokumentiert werden, da so die Aufmerksamkeit der Mandant*innen erhöht wird. Dies kann beim Versand via E-Mail etwa bereits durch die Zugangs- bzw. Lesebestätigung erfolgen.
Den Mandant*innen sollte ebenfalls mitgeteilt werden, dass erst nach Klärung des Sachverhalts die Lohnbuchhaltung fortführt werden kann. Klar ist damit: Eine einfache Übernahme von Mandaten kann nach hinten losgehen.
Wer sich darauf berufen möchte, dass es in der Vergangenheit bereits Betriebsprüfungen gegeben habe, bei der bislang durchgeführte Lohnabrechnungen ohne Beanstandungen geblieben seien, sei gewarnt: Es kommt stets auf den Zeitpunkt der Betriebsprüfung und den Zeitpunkt der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen an. Liegt diese sehr lange zurück, so kann sich darauf im Zweifel nicht mehr verlassen werden.
Tipp: Fragen hilft immer. Auch wenn die Kommunikation in diesen Fällen möglicherweise nicht leicht fällt. Wer sich sorgt, in der Folge als komplizierte*r Dienstleister*in eingestuft zu werden, die oder der nur Ärger machen will, muss gegebenenfalls dazulernen: Nicht jede Kundin und nicht jeder Kunde ist ein Geschenk!
Legen Mandant*innen in einem angemessenem Zeitraum nicht die erbetenen Informationen und Nachweise bezüglich der sozialversicherungsrechtlichen Statuseinstufung vor, sollte die Lohnabrechnung gestoppt werden. Schließlich müssten diese es bei seriösen Kolleg*innen ebenfalls. In meinem Berufsalltag stelle ich fest, dass es meinen Kund*innen oftmals schwerfällt, diesen Weg zu gehen. Aber es hilft nichts, da muss man durch. Denn: Wollen Sie wirklich den Kopf für Fehler anderer in die Schlinge legen?
Der Fall im eingangs geschilderten Urteil
Im oben zitierten Urteil war der Kunde in der betreffenden GmbH zu einem Drittel an dieser beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag wurde festgelegt, dass erhebliche Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden, weshalb der einzelne Gesellschafter nicht sozialversicherungsfrei zu stellen war. Für die Ausheilung dieser gesellschaftsvertraglichen und auf die sozialversicherungsrechtliche wirkende Vertragspassage wurde in der Folge der Gesellschaftsvertrag insoweit abgeändert, dass nunmehr alle Entscheidungen einstimmig erfolgen müssen.
Haben Sie Fragen zum Thema Absicherung und Versicherung? Der BVBC bietet seinen Mitgliedern über modus.Matthias Lesch Zugang zu exklusiven Kollektivverträgen, die so am freien Markt nicht erhältlich sind. Wenden Sie sich gerne vertrauensvoll an das Team von modus.Matthias Lesch: info@modus-team.de | 022 25 / 53 55