In einem früheren Beitrag wiesen wir darauf hin, dass der EuGH-Generalanwalt Pedro Cruz Villalón kürzlich in seinem Schlussantrag für eine Öffnung des Steuerberatermarkts plädierte. Die deutschen Regelungen sollen nach Ansicht des Generalanwalts gegen den freien Dienstleistungsverkehr und geltendes EU-Recht verstoßen, indem es Steuerberatungsgesellschaften aus anderen EU-Mitgliedsstaaten untersagt, für Mandanten in Deutschland arbeiten zu dürfen.
Jetzt weist die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) in einer aktuellen Pressemeldung darauf hin, dass die Auffassung des Generalanwalts „im Kern den Schutz des Mandanten gefährdet“. Diese könnten sich dank der Berufsregelungen in Deutschland auf die hohe Qualität der Steuerberatung verlassen.
In einem Statement des BStBK-Präsidenten Dr. Raoul Riedlinger heißt es weiter: „Von einem angeblichen Steuerberater-Privileg kann keine Rede sein. Der Kläger hätte einfach eine vollständige Meldung über seine Tätigkeit in Deutschland abgeben müssen. Nun von einem Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit zu reden ist nicht haltbar. Das Steuerberatungsgesetz regelt ausdrücklich eine steuerliche Beratung über die Grenze hinweg.“
Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit rechtsmissbräuchlich?
Laut Riedlinger sei der Vorwurf des Generalanwalts, dass das Steuerberatungsgesetz inkohärent sei, nicht haltbar. Andere Personenkreise als Steuerberater hätten keine Befugnis zur umfassenden Steuerberatung. Vielmehr würde es sich bei den von Cruz Villalón zitierten Berufsgruppen um eine nur sehr einschränkte Befugnis handeln, die sich ausschließlich auf die Abwicklung der eigenen Geschäftstätigkeit beziehen soll.
Riedlinger zeigt sich außerdem davon überrascht, dass mit dem Votum des EuGH-Generalanwalts die Interessen eines Geschäftsführers gefördert würden, der ein ehemaliger Steuerberater sei, dessen Bestellung angeblich wegen Vermögensverfalls und Beihilfe zur Steuerhinterziehung widerrufen wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei eine Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit deshalb als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn dadurch – wie im vorliegenden Fall – beabsichtigt würde, das Steuerberatungsgesetz zu umgehen.
Urteil könnte Rechte selbstständiger Bilanzbuchhalter stärken
Dass die Bundessteuerberaterkammer dem Schlussantrag nicht zustimmen würde, war vorauszusehen. Der BVBC begrüßt die Erkenntnis des EuGH-Generalanwaltes Pedro Cruz Villalón jedoch grundsätzlich, dass am deutschen Steuerberatungsgesetz massive Änderungen vorzunehmen sind. Auch wenn das anstehende Urteil des EuGH vorerst keine unmittelbaren Auswirkungen auf selbstständige deutsche Bilanzbuchhalter hat – es geht um die Öffnung des deutschen Steuerberatermarktes für Steuerberater aus dem EU-Ausland – werden die Entwicklungen verbandsseitig mit großem Interesse verfolgt.
Der BVBC sieht in den aktuellen Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater durchaus ein verfassungswidriges Privileg für Steuerberater. Die Argumentationsketten des Schlussantrags ähneln den eigenen in großen Teilen. Ein EuGH-Urteil im Sinne des vorliegenden Antrags könnte die Forderungen an den nationalen Gesetzgeber demnach stärken.
Bis eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergeht, dürfte es jedoch noch einige Monate dauern. Es bleibt also abzuwarten, in welchem Umfang Deutschland nochmals an seinem Steuerberatungsgesetz schrauben muss, und ob sich hieraus Ansatzpunkte für die Forderungen des BVBC zur Befugniserweiterung ableiten lassen.