Ein kurzer Nachtrag angesichts einer Social-Media-Diskussion
In der Juliausgabe der Verbands- und Fachzeitschrift BC stellte BVBC-Rechtsexperte Matthias Pruns heraus, weshalb "die typische Tätigkeit eines Bilanzbuchhalters als Interimsmanager im Bereich des Finanz- und Rechnungswesens" nicht mit den Befugnisbeschränkungen des StBerG in Konflikt steht. Der Artikel erschien zusätzlich im Oktober hier als Verbandsnews und wurde in einer Facebookgruppe mit mehr als 60 Kommentaren kontrovers diskutiert. Als Reaktion veröffentlichte Rechtsanwalt Pruns den folgenden Beitrag in der Novemberausgabe der BC.
1. Wiedergabe einiger Stimmen in Facebook*
Dort hat etwa ein als Rechtsanwalt und Steuerberater tätiger Kollege die Meinung vertreten, meinem Artikel könne „nicht zugestimmt werden“. Er stellt die offensichtlich rhetorisch gemeinte Frage: „Nur weil ein weiterhin Selbständiger künstlich in ein Unternehmen eingegliedert wird, soll es keine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen sein?“ Ein weiterer Diskutant schreibt, dass die Meinung eines Rechtsanwalts – gemeint bin damit wohl ich – nicht zählt, denn am Ende entscheiden die Gerichte über solche Fragen. Ein ebenfalls an der Diskussion teilnehmender Steuerberater kündigt sodann an, meinen Artikel an den für das Berufsrecht zuständigen Kollegen bei der Steuerberaterkammer Stuttgart weiterzuleiten.
Ich freue mich sehr über die Diskussion und möchte die Gelegenheit nutzen, eine kurze Antwort zu geben.
2. Juristen äußern Meinungen
Bereits in der Einleitung zu meiner Antwort auf die Leserfrage (S. 312) habe ich darauf hingewiesen, dass die Leserfrage „schwierige Abgrenzungsprobleme [aufwirft], die trotz ihrer grundlegenden Bedeutung für die Praxis bisher noch nicht gerichtlich geklärt“ sind. Ferner habe ich darauf hingewiesen, dass meine „Antwort auf die Leserfrage ... deshalb unter dem Vorbehalt erfolgen [muss], dass sie allein meine Rechtsaufassung wiedergibt und Dritte meine Wertungen nicht zwingend teilen werden“. Insoweit kann ich dem zweiten der oben zitierten Diskutanten nur zustimmen: Meine Meinung ist eben nur das: (m)eine Meinung. Das Vertreten von Meinungen ist das Geschäft eines Juristen.
Aber: Meine Meinung habe ich nicht nur offen als solche gekennzeichnet, sondern sie auch ausführlich begründet. Das macht den geschulten Juristen aus: Er weiß, dass es auf die Qualität seiner Argumente ankommt. Man muss sein Gegenüber überzeugen. Und das geht nur mit Begründungen.
3. Umgehung der Befugnisbeschränkungen des StBerG?
Das führt mich zu der Frage des ersten der oben genannten Diskutanten: Greifen die Befugnisbeschränkungen des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) nicht auch bei der „künstlichen“ Eingliederung eines selbstständigen Bilanzbuchhalters in ein Unternehmen? Die Antwort ist einfach: Im Falle der „künstlichen“ Eingliederung eines selbstständigen Bilanzbuchhalters in ein Unternehmen greifen die Beschränkungen des StBerG selbstverständlich. Das steht außer Frage. Die Befugnisbeschränkungen des StBerG dürfen nicht umgangen werden.
Wer meine Ausführungen genau liest, wird feststellen, dass das die zentrale rechtliche Frage ist, um die es inmeinem Beitrag geht: Handelt es sich bei der Tätigkeit als Interimsmanager um die Umgehung der Befugnisbeschränkungen nach dem StBerG?
Meine ausführlich begründete und mit Nachweisen aus der Rechtsprechung und der Fachliteratur belegte Meinung und Antwort lautet: Nein, es handelt sich dann nicht um eine Umgehung, wenn die Eingliederung des Interimsmanagers in das Unternehmen gerade keine nur „künstliche“ ist.
Entscheidend ist dabei, dass man den arbeitsrechtlichen Begriff der Selbstständigkeit nicht mit dem Begriff der Geschäftsmäßigkeit der Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne des StBerG vermengen darf. Das habe ich in meinem Beitrag versucht durch die Abgrenzung von einem gerichtlich entschiedenen Fall der „künstlichen“ Eingliederung zu verdeutlichen. Zitiert habe ich dazu eine Entscheidung des OLG Dresden aus dem Jahr 1999** zu einem Fall der Leiharbeitnehmerschaft. In der Begründung des Urteils heißt es: „Die steuerrechtliche Tätigkeit dieser Leiharbeitnehmer stellt dadurch, daß sie für eine Vielzahl von Personen und Unternehmen erbracht wird, eine Umgehung des Verbots der unzulässigen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen dar (vgl. BFH v. 9.6.1970, VII R 20/67, BFHE 99, 344, 347; Lohmeyer, DStZ 1980, 167, 171 f. m.w.N.).“ Das ist ein Fall der „künstlichen“ Eingliederung. Die echte Tätigkeit als Interimsmanager unterscheidet sich von solchen Fallgestaltungen, und zwar dadurch, dass der Interimsmanager für einen längeren Zeitraum für ein bestimmtes Unternehmen tätig wird. Das Berufsbild entspricht dabei eben nicht dem eines selbstständig steuerrechtlich Hilfe Leistenden. Vielmehr wird der Interimsmanager tatsächlich wie ein Angestellter in das Unternehmen eingegliedert.
4. Einladung zum Meinungsaustausch
Das soeben Gesagte ist nur eine kurze Zusammenfassung der Argumentation in meinem Beitrag. Ich hoffe aber, deutlich gemacht zu haben, warum mich die von einigen Diskutanten in sozialen Netzwerken bisher vorgetragenen Meinungen noch nicht überzeugt haben. Umso mehr würde es mich freuen, wenn wir die Diskussion fortsetzen könnten. Denn nur der Austausch der Meinungen und das Erproben unserer Argumente bringen uns weiter!
Wie ist Ihre Meinung? Was sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie der BC-Redaktion!
Ihre Beteiligung trägt dazu bei, dass die Zeitschrift BC selbstständigen Bilanzbuchhaltern ein möglichst umfassendes Meinungsbild zu den Befugnissen als Interimsmanager/in vermitteln kann.
- E-Mail: redaktion.bc@beck.de
- Betreff: Interimsmanagement
*„Ersterscheinung in ‚BC – Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling’, Heft 11/2016, Leser fragen – Experten antworten: Interimsmanagement durch selbstständige Bilanzbuchhalter, Seiten 523 bis 524, mit freundlicher Genehmigung der BC-Redaktion, Verlag C.H.BECK oHG, München (www.bc-online.de)“**OLG Dresden, Urteil vom 2.2.1999, 14 U 2839/97, DStRE 1999, 975, 976, dort unter Ziffer 2. b).