Am 19.07.2018 wandte sich die Europäische Kommission mit einem Aufforderungsschreiben im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2018/2171 an Heiko Maas, Bundesminister des Auswärtigen. Darin weist die Kommission auf die Bestimmungen der deutschen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU hin, die die Anerkennung von Berufsqualifikationen und -erfahrungen in der EU regelt. Im Kern geht es um die Vereinbarkeit des deutschen Steuerberatungsgesetzes mit dem EU-Recht. Die unter § 4 StBerG (Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen) aufgeführten Ausnahmen sieht die Kommission als ausschlaggebend dafür, dass der Vorbehalt der Tätigkeiten von Steuerberatern unverhältnismäßig sei. Aufgeführt sind hier unter anderem:
Notare und Patentanwälte
- Verwahrer und Verwalter fremden Vermögens
- Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben
- Berufsvertretungen und -vereinigungen
- Lohnsteuerhilfevereine
- Arbeitgeber
- inländische Kapitalanlagegesellschaften
- ausländische Kreditinstitute
- öffentlich bestellte versicherungsmathematische Sachverständige
Die dort aufgeführten Personenkreise sind zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt, obwohl sie weder dem Regime der vorherigen behördlichen Genehmigung noch Anforderungen an die Berufsqualifikation unterliegen, wie dies bei den Leitungsorganen von Steuerberatungsgesellschaften der Fall ist. Die deutsche Regierung könne demnach nicht behaupten, dass das StBerG durch die Anforderungen an die Berufsqualifikation die Empfänger von geschäftsmäßigen Hilfeleistungen in systematischer und kohärenter Weise schütze. Die Kommission zweifelt zudem an, dass alle Vorbehaltsaufgaben derart komplex seien, dass für sie unbedingt eine Vollqualifikation als Steuerberater notwendig sei. Es sei nicht erforderlich, „dass die Tätigkeiten der Dienstleister nur von Personen mit einer spezifischen Berufsqualifikation ausgeübt werden dürfen, soweit derartige Tätigkeiten im Wesentlichen administrativer Natur sind.“ Die Regelungen des StBerG seien demnach weder mit Artikel 59 Absatz 3 der Richtlinie 2005/36/EG noch mit Artikel 49 AEUV vereinbar.
Keine Reaktion der Bundesregierung
Da Deutschland nach Ansicht der Europäischen Kommission seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, rief die Kommission die deutsche Regierung auf, sich binnen zwei Monaten nach Eingang des Schreibens zu den aufgeführten Sachverhalten zu äußern. Auf Nachfrage des BVBC erfolgte bis heute jedoch keine Stellungnahme. Der Kommission obliegt es nun, eine „mit Gründen versehene Stellungnahme“ abzugeben und Deutschland eine Frist zu Abhilfe zu setzen. Der Verband wird das weitere Verfahren genau beobachten. Da auch selbstständige Buchhalter und Bilanzbuchhalter von den Einschränkungen des StBerG betroffen sind, wandte sich der BVBC mit seinen Forderungen nach Deregulierung im Zusammenhang mit dem Aufforderungsschreiben der Europäischen Kommission an das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Es bleibt abzuwarten, wie und wann das Ministerium nun reagieren wird.