Ende Juli dieses Jahres hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Entwurf zur Neuregelung der Befugnisse zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 4 des Steuerberatungsgesetzes vorgelegt, die der BVBC nur wenig später in einer Stellungnahme als unzureichend beurteilt hat und Änderungen einfordert (vgl. BVBC-News vom 02.09.2022). Partnerverbände verleihen den Forderungen des Verbands mit Unterstützungsscheiben und persönlichen Gesprächsterminen nun Nachdruck.
Der BVBC kritisiert das deutsche Steuerberatungsgesetz schon lange als zu restriktiv und setzt sich für mehr Befugnisse selbstständiger (Bilanz-)Buchhalter*innen ein. Doch auch auf europäischer Ebene stehen die nationalen Regelungen in Kritik. 2018 hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, weil das deutsche Gesetz nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Im Fokus steht der in § 4 StBerG „Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen aufgeführte Ausnahmenkatalog, der einige zur „geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen“ befugt, Nichtgenannte jedoch kategorisch ausschließt. Beispielshaft stehen diese Ausnahmen für die Inkohärenz und Unverhältnismäßigkeit der aktuellen Rechtslage.
Über Gespräche und Verhandlungen zwischen Vertreter*innen der EU und Deutschland ist bis zuletzt kaum etwas nach außen gedrungen. Im August dieses Jahres hat das BMF jedoch einen ersten Diskussionsentwurf zur Neuregelung von § 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vorgelegt, den der BVBC hier kommentiert hat und für unzureichend befindet. Nur wenig später hat sich der Verband mit einer offiziellen Stellungnahme direkt an das Ministerium gewandt und die Bundesregierung aufgefordert, „die grundlegende Systematik des StBerG umfassend zu überprüfen und im Sinne der Kritik der EU-Kommission anzupassen“.
„Unsere Stellungnahme haben wir selbstverständlich auch Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Kommission zukommen lassen. Dabei haben wir eindringlich an die Kommission appelliert, dass sie an ihren ursprünglichen Forderungen festhalten möge. Es darf nicht sein, dass sich jetzt auf so eine Scheinlösung geeinigt wird“, erklärt Kenan Häberle, stellvertretender Geschäftsführer des BVBC.
Unterstützung erhält der Verband auch vom "Bundesverband mittelständische Wirtschaft" (BVMW) sowie der „ULA – Deutscher Führungskräfteverband“, beides wirtschaftspolitische Schwergewichte in der Verbändelandschaft mit weitreichenden Netzwerken. Die langjährigen Partnerverbände des BVBC teilen die Forderungen nach umfangreicheren Änderungen des Steuerberatungsgesetz und haben diese mit Nachdruck gegenüber ihren Kontakten in den Ministerien eingebracht. So ging allein von der ULA jeweils ein Schreiben zur Neuregelung von § 4 StBerG an alle 16 Finanzministerien heraus. Auf Bundesebene brachte der BVMW in persönlichen Gesprächen mit Vertreter*innen des BMF die Positionen des BVBC ein.
„Unsere Eingaben nimmt man zur Kenntnis. Viel mehr erhält man an Rückmeldung nicht“, resümiert Häberle. „Es ist zum aktuellen Zeitpunkt jedoch auch nicht wirklich mehr zu erwarten. Wir sorgen dafür, dass wir gehört werden. Letztlich kommt keine und keiner der Entscheiderinnen und Entscheider an unseren Forderungen vorbei. Wichtig ist, dass sie auf Verständnis stoßen. Dass klar wird, weshalb die aktuellen und die geplanten Regelungen unzureichend sind. Da hilft es enorm, wenn von verschiedenen Seiten Gegenwind kommt.“
Die Anfang September versandte Stellungnahme des BVBC bildet neben möglichen anderen beim BMF eingegangen Positionspapieren die Grundlage für weitere Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene zur Neuregelung des Steuerberatungsgesetzes.
Frühere Beiträge zum Thema:
- 17.10.2018 – EU-Kommission: Steuerberatungsgesetz nicht mit EU-Recht vereinbar
- 03.03.2020 – Mehr Rechte für selbstständige Bilanzbuchhalter: Finanzministerium signalisiert Gesprächsbereitschaft
- 14.07.2020 – Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission: Änderung des Steuerberatungsgesetzes soll bevorstehen
- 07.10.2020 – Vertragsverletzungsverfahren: BVBC richtet Appell an die EU-Kommission
- 12.02.2021 – Vertragsverletzungsverfahren: BVBC wendet sich mit Partnerverbänden an EU-Kommission
- 12.02.2021 – Vorbehaltsaufgaben am Pranger: Der Steuerberater und sein verzweifeltes Ringen um Macht
- 18.08.2022 – Vertragsverletzungsverfahren: BMF legt Diskussionsentwurf zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vor
- 02.09.2022 – Änderungsentwurf zu § 4 StBerG: BVBC bezieht Stellung